Mittwoch, 11. Mai 2022

Die Deutschen sind Aktienmuffel…

 …dürfen wir uns ständig anhören. (Aber warum nur? Bei den sich bietenden Chancen?) Die legen ihr Geld lieber auf ein Sparbuch, selbst wenn es keine, oder sogar Negativzinsen gibt. Warum machen sie es denn nicht wie (gefühlte Erzählung der Finanzbranche!) alle anderen und streichen die fetten Gewinne ein und die Dividenden noch dazu und schaffen sich so ein kleines, bescheidenes Finanzpolster für schlechte Zeiten?

So weit, so gut! Da ich am Ende des Geldes meist noch reichlich Monat übrig habe und nicht wirklich über nennenswerte Beträge verfüge, die ich nach dem Wunsch der Finanzindustrie „anlegen“ könnte, um von den boomenden Aktienmärkten zu profitieren, beschloss ich vor etwa einem halben Jahr, einige Euro Spielgeld beiseitezuschaffen und dann in ein paar vielversprechende Aktien zu „investieren“!

Zu diesem Behuf schaffte ich mir eine Trading-App an, haderte ein wenig mit dem komplizierten Prozedere der Anmeldung, schaffte es dann aber doch. Ich zahlte ein paar Euro auf mein Trading-Konto und schon drei Tage später konnte ich darüber verfügen und meine ersten Investitionen tätigen. Allerdings musste ich mir erst einmal klar darüber werden, wie ich „traden“ wollte und vor allem was? Will ich spekulieren und kurzfristig handeln, was mich dazu zwänge, ständig die Kurse im Auge zu behalten, oder wäre es nicht doch besser, langfristig zu investieren? Sollte ich mich mit ETF´s beschäftigen, was auch immer das sein soll, oder Derivate kaufen oder was weiß denn ich, was es noch alles an unseriösem im Aktiengeschäft gibt?

Ich entschied mich für ein paar Aktien, die ich nach deren aktuellem Kurs, der bisherigen Entwicklung und nach Bauchgefühl auswählte. Eine davon war die Aktie der Commerzbank. Sie war zu einem günstigen Kurs zu haben und so erwarb ich ein paar davon zu einem wirklich guten Kurs. Schon ein paar Wochen später schoss der Kurs deutlich nach oben und ich konnte mich bestätigt fühlen. Meine Entscheidung war richtig gewesen. Zumindest in diesem Bereich. Natürlich war mir klar, dass auf Grund der Corona-Lage womöglich noch das ein oder andere Problem drohen könnte. Schlechte Geschäftszahlen der Unternehmen, drohende Pleiten und lauter feine Sachen mehr, die mich früher nicht die Bohne beschäftigt hatten, trieben mich nun um. Und zu allem Überfluss kam dann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und meine sich bis dahin einigermaßen prächtig entwickelnden Aktien kackten so plötzlich ab, als wäre eine der neuen russischen Hyperschallraketen in meinem Depot explodiert!

Hätte ich auch weiterhin meine wenigen Kohlen auf dem Sparbuch geparkt und keine Zinsen bekommen, hätte ich immer noch alles, was ich eingezahlt hatte. Abzüglich der Inflationsrate und anderen Dingen, die mich früher absolut nicht interessiert hatten. Nun habe ich erst einmal ein fettes Drittel meines Depots pulverisiert und kann mir jetzt Gedanken darüber machen, ob meine Aktienwahl sinnvoll war, oder nicht! Wo ist denn jetzt mein Profit, liebe Finanzexperten? Am Arsch, ich weiß schon. Besser wäre es nach ihrer Meinung sowieso gewesen, ich hätte es ihnen direkt in den Rachen geworfen, damit sie damit spielen können! Sicher hätte ich auch damit kräftige Verluste zu schlucken gehabt, aber mir hätte der Spaß daran gefehlt. Heute sitze ich also zu Hause an meinem PC, schaue mir die Kurse an, überlege hin und her ob und wenn ja warum nicht, ich welche Aktien noch erwerben sollte, denn irgendwann, ganz sicher irgendwann, gehen die Kurse wieder nach oben und dann werde ich ganz sicher richtig Profit machen können! Wenn ich mich jetzt für die richtigen Aktien mit dem höchsten Potenzial entscheide und der Krieg Russlands gegen die Ukraine bald endet! Und die Märkte sich wieder stabilisieren und die Chipkrise überwunden ist! Und die Chinesen endlich den Hafen von Shanghai wieder öffnen! Herrgott, waren das früher noch schöne Zeiten, als man für das Geld auf seinem Sparbuch noch 1 oder 2 % Zinsen bekam und alle damit zufrieden waren…

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